// Rückblick auf das IQ-Dreiländertreffen am 19.1.2024 in Wien › iq-journalismus.at

Rückblick auf das IQ-Dreiländertreffen am 19.1.2024 in Wien

„Zwischen Propaganda, Künstlicher Intelligenz und neuen Herausforderungen für die Medienethik – wie kann sich Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter behaupten?“

Alle Fotos: IQ/APA/Schedl

Und hier finden Sie den Link zu der gesamten Fotogalerie: 

https://www.apa-fotoservice.at/galerie/MzU2ODF8YzQyNjE5NDc3NTM4ZDM0MjQwMWIzMzM2MTYyZjE4Yzg=

Die APA hat über unseren Veranstaltungstag berichtet: 

Qualitätsmedien zwischen „unjournalistischer“ Konkurrenz und KI-Hype (APA – Austria Presse Agentur) 
 
(aktualisierte Neufassung)
 

Wien (APA) – Der Verein Initiative Qualität im Journalismus (IQ) hat am Freitag ein Dreiländertreffen (DACH-Raum) abgehalten. In der APA – Austria Presse Agentur in Wien wurden im Rahmen dessen Panels zur Künstlichen Intelligenz (KI), Desinformation und Propaganda sowie Medienethik abgehalten. Allesamt Themen, die in Zeiten der Digitalisierung große Herausforderungen für den Qualitätsjournalismus darstellen.

Speziell mit der Coronapandemie gewannen „Alternativmedien“ wie der Onlinekanal Auf1, die Onlineseite Report24 oder auch die rechtsextreme Zeitschrift „Info direkt“ Aufmerksamkeit. „Sie rücken immer mehr in den Mainstream vor und beschränken sich nicht nur auf das Milieu der extremen Rechten“, warnte Luis Paulitsch, Referent des Österreichischen Presserats. Bei derartigen Medien werde „bewusste Feindbildpflege“ – etwa gegen gewisse Parteien oder den ORF – betrieben. Es fehle an Ausgewogenheit, und unseriöse Informationen würden als seriös präsentiert. Die Autorin und Journalistin Ingrid Brodnig sprach hier von „unjournalistischen Medien“. „Das hat mit Journalismus nichts zu tun. Das sind Meinungsmacher oder politische Aktivisten, die großteils aus der rechtsextremen Szene stammen und Professionalität suggerieren“, so die Digitalexpertin. Auch sie sprach die große Reichweite mancher dieser Medien an. Auf1 komme auf 260.000 Abonnenten, was auf starke Präsenz in sozialen Medien zurückzuführen sei. Auch Unterstützung durch den Rechtspopulismus in Form von Politikerauftritten fördere diese Medien.

Vor allem in Oberösterreich liege im Medienbereich seit Jahren eine Art „rechtsextremer Start-Up-Charakter“ vor, so Brodnig. Mit Auf1 hat Gründer Stefan Magnet, der sich einst im mittlerweile aufgelösten rechtsextremen „Bund freier Jugend“ betätigte, Erfolg. Der Onlinekanal liefere Verschwörungserzählungen, wettere gegen „Wokeness“ und fahre einen klar antimigrantischen Kurs, sagte die Digitalexpertin. Aber auch andere Medien wie das häufig als ÖVP-nah eingestufte Boulevardmedium „Exxpress“ seien nicht unproblematisch. „Exxpress“ habe laut Brodnig Mitarbeiter des mittlerweile eingestellten „Wochenblicks“, der rechtsaußen und mitten in der Verschwörungswelt operierte, aufgenommen und komme in die Gunst üppiger staatlicher Medienförderung.

Aber wie finanzieren sich „unjournalistische Medien“ wie Auf1 oder auch der eingestellte „Wochenblick“? Sowohl Paulitisch als auch Brodnig meinten, dass es bei vielen tatsächlich unklar sei. Manche der Medien verwiesen selbst auf Spenden. Auch Inserate durch die FPÖ spielten eine Rolle, sagte Paulitsch. Durch Shops generieren manche Zusatzeinnahmen. „Sie machen Angst vor einem Blackout oder Impfungen und können dadurch Produkte verkaufen, die helfen, die Apokalypse besser zu überstehen“, erklärte Brodnig.

Selbstkritik der etablierten Medien könne als eine Art Schutz gegen das Abdriften des Publikums funktionieren. Aber manche Personen seien auch dadurch nicht zu halten. „Sie suchen sich im Internet Antworten, die für sie angenehmer sind. Es geht hier um Bewältigungsstrategien in einer hochkomplexen Welt“, meinte Brodnig. Mit den sozialen Medien sei ein „zweites Mediensystem“ eingeführt worden, das mit seinen Algorithmen nicht journalistisch denke. „Das System ist boulevardesk ausgelegt, daher hilft es auch nicht, wenn etablierte Medien dort einfach präsent sind“, so die Digitalexpertin.

Auffallend sei, dass mit Blick auf Parteien einzig die FPÖ auf Youtube eine große Reichweite erziele. Andere Parteien hinkten hinterher, merkte Paulitsch an. „Spannend“ werde, ob es auch anderen Parteien gelingt, soziale Netzwerke besser zu bedienen, so der Referent des Presserats.

Kritik auch an den etablierten Medien übte Sarah Spiekermann, Institutsleiterin Wirtschaftsinformatik und Gesellschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Digitalethikerin meinte: „Journalisten müssen die richtigen Fragen stellen.“ Es sei „unheimlich gefährlich“, dass dies heute in vielen Fällen nicht mehr passiere. Die Gefahr bestehe, dass Journalisten von Informationsströmen absorbiert werden, mit ihnen schwimmen müssen. Speziell in den sozialen Medien befinde man sich in einem Strom aus Informationen, „der uns nicht in eine friedliche, begrüßenswerte Zukunft führt“. Sie plädierte darauf, dass Medienhäuser ihr „Humanpotenzial“ anders als zur Beobachtung dieser Informationsströme einsetzen – Stichwort „Twitterblase“. „Ein Journalist muss nicht replizieren, er kann sich auch in Themengebiete einarbeiten, die tief und reich sind.“ Derzeit vermisse sie in den Medien Werte wie Harmonie, Schönheit, Authentizität und Ausgleich.

Darauf angesprochen, dass viele Medien ökonomisch vor großen Herausforderungen stehen und diese Vorstellungen wohl schwer zu finanzieren seien, meinte Spiekermann, dass politische Kräfte Qualitätsjournalismus finanzieren und ihn auch „beschützen“ sollten. Sie würde als Politikerin den so finanzierten Medien nahelegen, Medienblasen nicht zu replizieren – eine Aussage, die mehrere Personen aus dem Publikum auf die Unabhängigkeit von Medien pochen ließ.

In einem Panel zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) bremste indes Katharina Schell, stv. APA-Chefredakteurin und zuständig für digitale Innovationen, den anfänglichen „etwas unreflektierten Hype“ rund um KI-Tools wie ChatGPT. „Journalismus ist viel mehr als nur schreiben“ und damit unmöglich zur Gänze durch KI zu ersetzen, zeigte sie sich überzeugt. Bei der APA werde derzeit mit Blick auf KI zwar viel entwickelt, doch sei noch keine generative KI bei der Nachrichtenerstellung im Einsatz. „Human in Control“ sei das oberste Gebot in der „Trusted AI“-Strategie der Nachrichtenagentur.

Michael Roither, Vizerektor der FH Burgenland, teaserte eine demnächst erscheinende Studie an, die sich mit der Frage beschäftigt, auf welche Quellen KI-Anwendungen zur Generierung ihrer Texte zugreifen und welches Qualitätslevel diese aufweisen. Das sei wichtig, weil „KI-Tools halluzinieren“. „Wir müssen genau aufpassen, womit KI arbeitet“, so Roither. Auch er hielt fest, dass kernjournalistische Aspekte nicht ersetzbar seien. Repetitive Aufgaben könnten aber effizienter abgewickelt werden. Und gewisse Kompetenzen werden künftig wichtiger, weshalb es Schulungen braucht, so Roither – etwa zum Thema Prompten, also der Fähigkeit, KI konkrete Anweisungen zu geben.

luw/maf/har

APA0323 2024-01-19/14:44

Autor: luw/maf/har

Hier finden Sie die Links zu den beiden Diskussionsrunden:  

Panel 1:Human in Control? Künstliche Intelligenz, Regulierung und der Newsroom

Direktlink: https://upload.braintrust.at/files/1iqsnfm0crdbi/apa_iq_panel1_2024-01-19.mp4 (2800.49 MiB)
Downloadlink: https://upload.braintrust.at/dl/files/1iqsnfm0crdbi/apa_iq_panel1_2024-01-19.mp4

 

Panel 2: Verschwörung, Desinformation, Propaganda: Die Parallelwelt neuer „Alternativmedien“

Direktlink: https://upload.braintrust.at/files/1iqsnij053nf4/apa_iq_panel2_2024-01-19.mp4 (2469.59 MiB)
Downloadlink: https://upload.braintrust.at/dl/files/1iqsnij053nf4/apa_iq_panel2_2024-01-19.mp4

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert