IQ-Sprecher Engelbert Washietl reflektierte schon im Jahr 2002 darüber, was nun genau Qualität im Journalismus ist – und wie schwierig es ist, dies zu definieren. Hier ein Auszug aus seinem Text:
„Von einer Qualitäts-Initiative sollte man erwarten dürfen, dass sie weiß, was journalistische Qualität ist. Nun wissen wir wahrscheinlich alle, was Qualität ist und was sie ausmacht, also weiß es natürlich auch unsere Initiative. Ich gestehe Ihnen aber, dass wir bis dato nicht einmal versucht haben, eine Definition journalistischer Qualität zu entdecken oder selbst zu finden. Ich schließe nicht aus, dass auch die Definitionsfrage eine der Lücken ist, die irgendwann doch gefüllt werden sollte, aber es ist das nicht unser vordringliches Anliegen.
Mit oder ohne Zutun der Qualitäts-Initiative, ich wage darüber kein Urteil, beschäftigen sich in Österreich immer mehr Leute, Journalisten und auch Medien mit Qualität. Das heißt zunächst nicht mehr als: sie führen Qualität im Munde.
Tatsächlich lässt sich journalistische Qualität ja am ehesten an Einzelmerkmalen festmachen, beispielsweise und keinesfalls taxativ aufgezählt:
- Genauigkeit im Umgang mit Fakten,
- wohl überlegte Auswahl der Nachrichten je nach ihrer Relevanz,
- Auseinandersetzung mit Sachverhalten, anstatt billige Personenstücke zu dramatisieren,
- Orientierung an einem Objektivitätsziel,
- Orientierung an Menschenrechtsnormen,
- Ausleuchten von Hintergründen
- Oder auch, wie der Kommunikationswissenschaftler Stephan Russ-Mohl in Bezug auf die professionellen Nöte mit Marktgesetzen und Quoten meint: Ein seriöser Journalismus versteigert seine Aufmerksamkeit nicht meistbietend, sondern teilt sie unbestechlich nach seinen eigenen journalistischen Kriterien, also nach Nachrichtenwerten, zu.
Nun werden aber in der Debatte recht freizügig Kriterien hinzu gefügt, bloß weil sie jemandem gerade besonders gut passen. Es gibt ja unzweifelhaft eine eindrucksvolle blattmacherische Qualität, sogar der größte Schund ließe sich blattmacherisch optimal präsentieren. Es gibt die Aufdecker-Qualität, die sehr oft, aber durchaus nicht immer ohne ernsthafte Kollision mit anderen Qualitätsmerkmalen zum Erfolg gelangt. Und es gibt schließlich – und da wird es besonders heikel – die Qualität des medialen Erfolges. Darf man einem Produkt, das auf dem Markt ein Bombenerfolg ist, Qualität absprechen? Natürlich darf man das, man wird allerdings auf der Gegenseite und auch beim erfolgs-faszinierten Publikum wenig Beifall ernten. Und muss sofort, um nicht missverstanden zu werden, hinzu fügen: Qualität schließt Markterfolg nicht aus.
Ich erwähne das alles nur, um zu zeigen, dass das Eis, auf dem sich die Qualitätsdebatte bewegt, stellenweise glatt und vielleicht sogar brüchig sein kann. Im Vorstand der österreichischen Qualitäts-Initiative gibt es einen stillschweigenden Konsens: Der Verein soll sich nicht zum Richter aufspielen, will nicht Gut- und Schlechtpunkte unter den Medien und Journalisten verteilen. Er wird wahrscheinlich einmal einen Preis für qualitativ hochwertige Leistung vergeben, aber weder die Journalisten noch die Medien mit einem dauerhaften Qualitätssiegel ausstatten, so wie man BSE-freies Rindfleisch und giftfreie Lebensmittel markiert.
Diese Zurückhaltung geschieht nicht aus Feigheit, sondern erstens aus der praktischen Überlegung, dass Qualität bei keinem Medium und bei keiner Einzelperson in extrem-vollkommener Ausprägung zu finden ist, sondern immer auch von einem qualitativen Blackout begleitet sein kann. So wie ja auch die Nicht-Qualität in vollendeter Form keinem Medium und keinem Journalisten tribunalartig zugeschrieben werden sollte. Zweitens aber, und das ist der Hauptgrund: IQ sieht die Debatte und das Bemühen um journalistische Qualität als Erfolg an, und dieser Erfolg darf nicht dadurch verrammelt werden, dass man potenzielle Gesprächspartner von vornherein abwehrt und sie ins Abseits jagt.“
Den gesamten Text können Sie hier nachlesen – als Initiative Qualität im Journalismus geht es uns darum, stets aufs Neue die Frage zu stellen, was ist Qualität und wie können wir diese sichern.